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4.5 Beteiligungsgrad: Reklamierend

Bislang kommt es selten vor, dass ein Projekt der Kulturvermittlung dadurch initiiert wird, dass eine Interessensgruppe von aussen an eine Kulturinstitution herantritt und ein solches einfordert. Eines der wenigen Beispiele im deutschsprachigen Raum ist die Entstehung der Ausstellung  Gastarbajteri des Wien Museums im Jahr 2004. Diese thematisierte mit vierzig Jahren Arbeitsmigration einen Teil der österreichischen Geschichte, der bis dato noch nicht im Museum gezeigt worden war. Die Ausstellung kam auf Einforderung des Vereins  Initiative Minderheiten zustande und wurde in Kooperation mit ihr entwickelt. Das «Sich Hineinreklamieren» zielte bei diesem Beispiel auf die Ebene der  Repräsentation – die Sichtbarkeit einer bis dahin aus der offiziellen Geschichtsschreibung ausgeschlossenen Interessensgruppe wurde eingefordert. Dabei ging es nicht nur darum, als gleichwertiger Teil einer Gesellschaft behandelt und dargestellt zu werden, sondern auch, die Art und Weise der Darstellung mitzubestimmen. Diese Forderungen hatten im zweiten Schritt Konsequenzen für die Vermittlung der Ausstellung, mit der ein vom Museum unabhängiges Kollektiv, das  Büro trafo.K beauftragt wurde. Es konzipierte im Dialog mit den Initiator_innen ein umfassendes Programm von Führungen und Workshops als Verstärkung des reklamierenden Moments, das der Ausstellung und ihrer Entstehungsgeschichte innewohnte: Als «‹Gegenerzählungen› zu den vorherrschenden öffentlichen Darstellungsformen und Geschichtsbildern».